Kinderzeichnungen verstehen

Schon ganz kleine Kinder zeichnen: Wenn ein winziger Finger eine Spur durch den Brei zieht, ist das der erste Versuch einer Linie. Heute wissen wir:

Kinder, die zeichnen entwickeln sich weiter

Mit Malen fängt alles an. Die ersten matschigen Malversuche mit Spinat oder Brei sind ein notwendiger Entwicklungsschritt. Auch, wenn sie Mamas und Papas zum Wahnsinn treiben. Beim Verstreichen von Flüssigkeiten trainieren schon Babys ihre Beweglichkeit und ihren Selbstausdruck. Ärgern Sie sich also nicht allzu sehr über erste Kinderzeichnungen auf dem Strampelanzug oder dem Sofa.

Mit jedem Monat erweitern Kinder ihre Fähigkeiten. Gegen Ende des ersten Lebensjahres können Kleinkinder mit dem Fäustchen schon einen Stift halten. Und die kritzligen Kinderzeichnungen, die ab jetzt entstehen, haben einen Sinn: Hier geht es um’s Bewegen! Was dabei herauskommt, ist erst mal egal. Es dauert ein bisschen, bis das Kind erkennt: Da ist ein Zusammenhang zwischen meiner Bewegung und dem Ergebnis auf dem Papier (oder der Tapete)!

Wenn die Kinderzeichnungen konkreter werden, ist Ihr Liebling in die nächste Phase eingetreten: Bewegung ist nicht mehr ganz so wichtig; jetzt möchte Ihr Kind etwas darstellen. Es wird eine Art Sonne zeichnen. Wissenschaftler nennen das „Kopffüßler“. Sie glauben, dass der Kopffüßler eine erste Menschendarstellung ist.

Ab etwa vier Jahren wird es konkreter: Kinder zeichnen Dinge, die sie aus dem Alltag kennen. Die Bilder fangen an, Geschichten zu erzählen. Je älter die Kinder werden, desto individueller sind sie. Ab dem Grundschulalter zeichnen Kinder ihre Realität noch genauer. Sie versuchen sich an Perspektiven und Größenverhältnissen. Die Bilder enthalten mehr Details und sind liebevoll ausgeschmückt.

Mit dem Beginn der Schulzeit nehmen Kinder die Erwartungen an sie stärker wahr. Ist mein Bild gut genug? Kann meine Freundin schöner malen als ich? Die Zeit der selbstvergessenen Kinderzeichnungen geht für viel zu Ende. Das ist sehr schade. Denn Malen und Zeichnen tun in jedem Lebensalter gut: Wer aus sich heraus etwas schafft, fühlt sich stärker. Malen macht glücklich. Und Malen gibt Kindern eine Möglichkeit, zur Ruhe zu finden.

Mit einem Bild erzählt Ihr Kind von sich: Das ist meine Welt. So fühle ich mich. Kinder beschreiben gerne selbst, worum es in ihrem Bild geht. Hören Sie gut zu und fragen Sie nach. So spürt Ihr Kind, dass es wahrgenommen und geliebt wird. Malen ist für so vieles gut. Ist das nicht wunderbar!

Erst Malen, dann Schreiben

Die ersten Kinderzeichnungen Ihres Lieblings und seine körperliche Entwicklung sind eng aneinandergekoppelt: Malen und Zeichnen machen den Kinderkörper beweglicher. Kein Wunder, dass Malen eine prima Vorübung für das Schreibenlernen ist! Wer viel malt, tut sich in der Schule mit dem Schreiben einfach leichter. Schließlich sind Buchstaben irgendwo auch kleine Gemälde.

Malen oder Wischen? Stift oder Tablet? Beides hat seinen Platz. Für die Entwicklung des Gehirns und der Feinmotorik ist Malen aber von entscheidender Bedeutung. Kinder, die zu wenig malen, tun sich schwer: Informationen, die sie mit den Augen wahrgenommen haben, können sie nur schwer in Bewegungen umsetzen. Malen und basteln helfen unseren Kindern dabei, genau das zu üben.

Selbstvergessenes Malen ist ganz und gar individuell. Ihr Kind malt nur für (und über) sich. Da gibt es keine Regeln, kein Müssen und Sollen. Da geht es nur um Freude, um Farbe, um Fantasie. Deshalb: Unterstützen Sie Ihren kleinen Künstler! Helfen Sie ihm, in seinen Kinderzeichnungen einen eigenen Ausdruck zu finden. Greifen Sie nicht ein, wenn das Häuschen krumm und schief und die Sonne blau ist. Für Ihr Kind hat das alles einen Sinn.

Kinderzeichnungen sind zutiefst kreativ! Und Kinder, die zeichnen, sind glücklich!